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Der größte aller Feinde

  • Autorenbild: chiarasue
    chiarasue
  • 26. Sept. 2021
  • 3 Min. Lesezeit

Hallihallo an diesem wunderschönen Sonntag!


Das Wetter ist bei mir so heiß, dass man meinen könnte, es wäre Juli. Die Sonne scheint noch einmal all ihre Kraft geben zu wollen, bevor sie sich geschlagen geben muss und das Feld für ihren Gegenspieler räumt: den Winter.


Wir sind daran gewöhnt, unser ganzes Leben in zwei solche Teile zu spalten: Sommer und Winter, heiß und kalt, schwarz und weiß. Faszinierend daran finde ich immer, dass all diese Sachen ein und dasselbe sind. Jahreszeiten, Temperatur, Licht. Die Hitze ist kein Feind der Kälte, sie ist eine andere Form der Temperatur. Die beiden haben den gleichen Ursprung und unterscheiden sich eigentlich nur in ihrer Auftretungsform. Dennoch käme man nie auf die Idee, Hitze und Kälte könnten sich gleichen, weil sie so verschiedene Reaktionen in uns auslösen.


Mit Menschen ist es oft dasselbe. Wir wissen, dass eine Person viele unterschiedliche Seiten haben kann. So trainieren wir zum Beispiel vom Kindesalter an, unserer Mutter in schlechter Stimmung zu entgehen, während wir darauf warten, sie bestens gelaunt anzutreffen, um unsere Bitten vorzubringen. Manchmal erlebt man Menschen aber auch nur von einer Seite. Bestimmte Personen treten in bestimmten Situationen in unser Leben. Unsere Vorgesetzten kennen wir als Chefs, unsere Nachbarn als Nachbarn. Aber wie sich unsere Vorgesetzten als Eltern oder unsere Nachbarn als Arbeitskollegen verhalten, wissen wir nicht. Umso unvorstellbarer ist es oft, wenn sich dieses Bild verändert. Nie hätte jemand damit gerechnet, dass sich der sympathische Postbote als gemeingefährlicher Dieb entpuppen würde. Ebenso wenig hätte man ahnen können, dass sich die strenge Bibliothekarin ehrenamtlich in einem Tierheim engagiert.


Wenn wir Menschen begegnen, wird uns immer nur ein kleiner Blick auf ihre Persönlichkeit gewährt. Das ganze Bild eines Menschen einzusehen, ist beinahe unmöglich. Nicht einmal man selbst hat dieses Privileg. Immer wieder entdecke auch ich neue Seiten an mir. Hinzu kommt natürlich auch, dass sich ein Charakter laufend verändert. Wie ein Stein wird er vom Meer durch die Wellen des Lebens immer weiter geschliffen.


Aus diesem Grund finde ich das Konzept von Schwarz-Weiß so interessant. Es versucht, einen Regenbogen in ein zweigliedriges Schema zu drängen, in dem er nicht Platz hat. Dennoch versuchen wir unaufhörlich, dieses System auf alles anzuwenden, was wir kennen. Begegnen wir etwas Unbekanntem, wollen wir es sofort einordnen, damit es uns nicht verwirrt. Es verleiht uns eine gewisse Sicherheit, weil wir das Gefühl haben, die Situation kontrollieren zu können.


Wenn wir eine Geschichte lesen, gibt es auch immer einen Bösewicht. In jedem Videospiel gibt es einen Endgegner, der besiegt werden muss. Kein Film kommt ohne einen Antagonisten aus. Der Gegner verleiht der Hauptperson automatisch eine Aufgabe, an der er sich messen kann. Durch ihn entsteht die Spannung. Außer Acht gelassen wird dabei oft, dass der Gegner sich nicht allzu sehr von der Hauptperson unterscheidet. Im Endeffekt ist es meist ein Kampf um Macht, der aus einer bestimmten Sichtweise erzählt wird, wodurch sich der Leser/Spieler/Zuschauer dieser Seite zugehörig fühlt.


Ich habe die Beobachtung gemacht, dass ich oft genau das an anderen Menschen nicht mag, was ich auch an mir selbst laufend kritisiere. Würde ich mir selbst begegnen, wäre ich mir sicherlich von Grund auf unsympathisch. Das liegt vermutlich daran, dass es einem wehtut, an die eigenen Fehler erinnert zu werden. Anstatt sie an sich selbst zu akzeptieren oder versuchen, sie zu ändern, ignoriert man sie lieber und ärgert sich bei anderen darüber.


Kennt ihr das Sprichwort: „Man ist sich selbst der größte Feind.“ ? Gewissermaßen stimmt das. Der einzige, der dir den Weg zu deinem Glück blockieren kann, ist dein Kopf. Man ist sich selbst also vielleicht der größte Feind, aber bestimmt auch der größte Freund. Genauso wie sowohl die Hitze als auch die Kälte eine Temperatur sind. In uns sind gute und böse Teile. In uns sind menschliche Teile. Jeder ist ein Geschenk. Packt man es aus, kommen immer neue, spannende Lagen darunter hervor. Bis man eines Tages am Kern angelangt ist. Was dort ist? Na ja, das kann ich euch auch nicht sagen. Dort bin ich selbst noch nicht angelangt…


Ich hoffe, ich konnte euch mit diesen Gedanken ein bisschen zum Nachdenken bringen oder zumindest spannende Bilder aufzeigen. Ich zumindest werde mich bemühen, den Winter in Zukunft nicht mehr als das Gegenteil zum Sommer zu sehen, sondern als Teil desselben Kreises, der die Natur am Leben hält. Wenn euch etwas Interessantes dazu einfällt oder ihr einen weiteren Vergleich wisst, teilt ihn gerne mit uns in den Kommentaren! Ich bin gespannt :)


Bis zum nächsten Mal!




 
 
 

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