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Der Satz, der das Hässliche schön macht und umgekehrt

  • Autorenbild: chiarasue
    chiarasue
  • 9. Jan. 2022
  • 5 Min. Lesezeit

Hallo ihr Lieben!


Ich hab mir überlegt, dass ich eigentlich gerne wieder mehr Texte schreiben würde. So zum Spaß, wisst ihr? Früher habe ich das oft gemacht, aber momentan finde ich einfach keine Zeit dafür. Einer meiner Neujahrsvorsätze ist auf jeden Fall, dass ich mich wieder mehr diesem Hobby widme. Die nötige Zeit dafür muss ich wohl von meiner Social-Media-Zeit abknüpfen... Wie steht es bei euch mit Neujahrsvorsätzen? Seid ihr im Jänner voll motiviert dabei oder habt ihr es schon aufgegeben, euch Ziele fürs Jahr zu setzen? Meine Gefühle sind da ja eher gemischt... aber darum geht es heute eigentlich gar nicht.


Heute geht es um einen Satz, den ich während einer Vorlesung gehört habe und drr mir seitdem nicht mehr aus dem Kopf geht... Na gut, das war ein bisschen geschwindelt. Eigentlich habe ich ihn gehört und mir notiert, weil ich ihn sehr prägnant fand, und dann wieder vergessen. Heute habe ich mir die Unterlagen noch einmal angeschaut und darübergestolpert. Das kann kein Zufall sein, oder? Deswegen präsentiere ich hier: Der Satz!


In Literatur und Kunst kann es keinen Fortschritt geben.


Wow, oder? Lasst ihn einmal auf euch wirken. Wartet, ich schreibe ihn noch einmal.


In Literatur und Kunst kann es keinen Fortschritt geben.


Was löst er in euch aus? Zustimmung? Widerwillen? Ratlosigkeit? Alles zusammen? Ein mächtiger Satz ohne Zweifel.


Nun, wie ihr euch denken könnt, werde ich euch nicht mit meiner Meinung verschonen. Ich habe nämlich einiges dazu beizutragen. Also lasst uns loslegen!


Mein erster Gedanke zu diesem Satz war: „Moment mal, was...?! Aber er hat ja Recht. Ach du meine Güte. Es stimmt.“

Fortschritt ist in der Kunst unmöglich. Kunst hat einen so hohen Grad der Subjektivität erreicht, dass es nicht allgemein möglich ist, eine Bewertung durchzuführen und somit kann eine Sache auch nicht besser sein als eine andere. Wir haben schon einmal darüber gesprochen, dass man Texte eigentlich nicht beurteilen kann. Man kann lediglich seine eigene Meinung preisgeben. Genauso verhält es sich natürlich auch mit der Malerei, der Musik, dem Tanz und jeder anderen Kunst. Kunst ist in gewisser Hinsicht etwas, das vor jeder Definition zurückschreckt. In meiner Vorlesung habe ich auch gelernt, dass Kunst nach dem Schönen strebt. Kunst wird erschaffen, um schön zu sein. (Ich lasse das jetzt einmal so stehen. Ganz einverstanden bin ich allerdings nicht. Immerhin gibt es auch Kunst, die erschaffen wird, um zu erschrecken oder zu polarisieren. Dann müsste man wiederum „schön“ definieren und das geht etwas zu weit.) Eines steht aber fest: Schönheit ist subjektiv, denn offensichtlich bezeichnen wir etwas als schön, wenn unsere Gefühle oder aber unser Verstand uns zu dieser Feststellung verleiten. Gefühle und Verstand sind wiederum Teil und Produkt unserer persönlichen Wahrnehmung und Einstellung, weshalb sie nur subjektiv sein können. Fazit: Kunst ist subjektiv.


Das führt uns nun also zu der Frage: Was macht dieser Satz mit uns? Die Feststellung, dass wir uns in der Kunst - zumindest objektiv gesehen - nicht verbessern (aber auch nicht verschlechtern) können? Ich selbst kann mir zwei Reaktionen ausmalen:


Zum einen wäre da der Frust. Der Frust über ein Gebiet, das offenbar kein Potenzial zur Weiterentwicklung bietet. Es ist, als würde man auf einer Rolltreppe in die falsche Richtung laufen. Man hat zwar den Eindruck, man würde sich vorwärts bewegen, tut es aber nicht. Dass man sich in der Kunst nicht entwickeln kann, ist allerdings ein Trugschluss. Entwicklung selbst ist doch im Grunde nur eine Veränderung. Dabei ist irrelevant, ob sie gut oder schlecht ist, was ja wiederum nur eine subjektive Wertung wäre. Man kann sich in der Kunst also durchaus entwickeln, man kann sich durch die Kunst entwickeln und man kann die Kunst selbst entwickeln. Eine Verbesserung ist dabei nach subjektiven Maßstäben durchaus möglich. Wenn ich mir zum Beispiel zum Ziel setze, flüssiger schreiben zu können, kann ich für mich diese Veränderung erreichen. Dabei kann ich mir andere Meinungen und Einschätzungen einholen, aber beurteilen kann ich mich im Endeffekt nur selbst. Ich denke, das trägt auch einen wesentlichen Teil dazu bei, dass Künstler mit ihren Werken oft nicht zufrieden sind. Sie suchen im Außen nach einem Zeichen der Perfektion, das sie sich nur selbst geben können.


Die zweite Emotion, die durch den Satz entstehen kann, ist Erleichterung. Das war auch mein erster Impuls. Denn was kann man denn dann noch falsch machen? Nichts! Rein gar nichts! Und ist das nicht wundervoll? Die Kunst ist ein Spielplatz, auf dem sich jeder austoben kann, wie er will. Wenn du verkehrt auf der Schaukel baumeln willst, nur zu! Niemand kann dir sagen, dass das falsch wäre. Vielleicht schauen dir sogar ein paar Leute zu und lassen sich inspirieren. Andere wenden sich vielleicht ab, weil ihnen vom Zusehen schlecht wird oder weil sie nicht gerne mitbekommen, wie Konventionen gebrochen werden. Das ist ihr gutes Recht und ihre eigene Meinung, die du nicht beeinflussen kannst. Das muss aber keinerlei Auswirkung auf deine Einstellungen, Werte und Ideen haben. Denn in der Kunst ist alles erlaubt.


Das war übrigens noch nicht immer so. Grundsätzlich gibt es sehr viele Regeln in der Kunst. Es wurden ganze Bücher darüber geschrieben, wie man richtig zu dichten oder zu komponieren hat. Es gab Anleitungen, wie etwas schön gemacht wird. Aus jetziger Sicht erscheint uns das vielleicht irrwitzig. Im Endeffekt war es allerdings wichtig, dass es Regeln gegeben hat, damit sie gebrochen werden konnten. Damit Veränderung und Entwicklung stattfinden können.


Was ich am tollsten an diesem Satz finde, ist, dass er auch die Angst vor der Kunst dämpft. Viele Menschen (vor allem Erwachsene) scheuen sich davor, den Pinsel oder den Stift oder die Tanzschuhe in die Hand zu nehmen, weil sie sich davor fürchten zu versagen. Das ist Blödsinn. Denn in der Kunst kann man nicht versagen und nichts falsch machen. Die Kunst steht allen offen. Kleine Kinder wissen das oft noch am besten. Und sie sind noch nicht si streng mit sich. Sie lieben ihr Kritzeleien, die nicht weniger wert sind als ein Picasso und mit guter Argumentation auch als solche durchgehen könnten. Was ist denn ein Strichmännchen anderes als ein abstrahierter Mensch?

Deshalb: Hört nicht auf das, was andere sagen, wenn sie eure Kunst schlechtmachen und abwerten. Jede Kunst ist schön. Man kann aus dem simpelsten Text die wildesten Thesen sinnvoll interpretieren. In der Kunst ist alles möglich.


Abschließend möchte ich euch noch einige weitere Gedanken zum Thema mit auf den Weg geben. Ich spreche die ganze Zeit davon, dass es in der Kunst keinen Fortschritt geben kann. Was ist mit der Realität? Kunst ist subjektiv. Die Realität aber auch. Kann es also auch hier nur subjektive Verbesserung geben? Ich denke, dass die Antwort hier vielleicht etwas komplexer ist, aber mein erste Intention wäre, die Frage zu bejahen. Immerhin sehen wir tagtäglich Beispiele. Während die einen es als Fortschritt betrachten, die Atomkraft auszubauen, schütteln die anderen nur die Köpfe und sehen darin einen riesigen Rückschritt. Eine negative Note in der Schule hat vielleicht einen schlechten Einfluss auf meinen schulischen Erfolg, bedeutet aber womöglich für meine Psyche eine enorme Verbesserung. Womit wir wieder bei der Zwiegespaltenheit von Gut und Böse angekommen wären... Dieses Thema lässt mich einfach nicht los.


Was denkt ihr darüber? Ich wäre so neugierig, eure Sichtweise der Dinge zu erfahren! Aber wenn ihr eure geheimnisvollen Gedanken nicht mit mir teilen wollt, ist das auch gut. Wie ihr vielleicht schon bemerkt habt, bin ich auch im Selbstgespräche führen ziemlich begabt. Nun denn, ich wünsche euch einen fabulösen Sonntag und morgen einen wunderschönen Start in die neue Woche!



 
 
 

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