Einmal ein Held sein
- chiarasue
- 2. Okt. 2022
- 4 Min. Lesezeit
Hallo ihr Lieben!
Wie geht es euch heute? Starten wir mit verhangenem Himmel und weinenden Wolken in den Oktober? Ja! Ist das ein Grund zum traurig Sein? Natürlich nicht! Das ist einfach eine hervorragende Entschuldigung, um den Tag drinnen in eine Sofadecke gekuschelt vorm Fernseher oder in ein Buch vergraben zu verbringen. Oder ein hundert Seiten Mathematikskript in 24 Stunden zu lernen, obwohl man drei Monate dafür Zeit gehabt hätte…Na ja, Zeit für einen Blogbeitrag finde ich nebenbei auch noch.
Gestern Abend habe ich eine Serie zu Ende geschaut, die mich nun schon über ein halbes Jahr begleitet und ich muss sagen, dass sie mich sehr nachdenklich zurückgelassen hat. Bevor ich euch verrate, worum es geht, möchte ich vorher noch kurz auf meine Gedanken dazu eingehen. Was ist der Sinn des Lebens? Ich will euch nicht mit philosophischem Blabla langweilen. Für viele ist der Sinn, etwas zu hinterlassen. Erinnert zu werden. Durch Gespräche mit Freunden bin ich darauf gekommen, dass viele Menschen Angst davor haben, vergessen zu werden. Sie möchten etwas zurücklassen. Sie möchten ihren Fußabdruck auf der Erde hinterlassen. Etwas schaffen, das den eigenen Tod übersteht. Grundsätzlich ist das zu Beginn nicht schwer, haben doch die meisten Familie und Freunde, die sich an sie erinnern werden. Doch nach einigen Jahrzehnten werden auch diese unsere Welt verlassen und dann?
Es gibt nur wenige Menschen, die es geschafft haben, sich einen derartigen Namen zu verschaffen, dass sie heute in den Geschichtsbüchern stehen und fürs Erste wohl nicht vergessen werden. Die Serie, die ich soeben beendet habe, handelt von einer solchen Person, wobei ich sagen muss, dass es Leute gibt, die noch nie von ihm gehört haben. Er war ein außergewöhnlicher Mann, der stur und stolz für das kämpfte, wofür er bereit war, alles zu geben. Er ist einer der bekanntesten Freiheitskämpfer der Geschichte. Ein ganzes Land ist nach ihm benannt. Die Rede ist von Simon Bolívar.
Was? Du hast keine Ahnung, von wem ich spreche? Noch nie gehört? Keine Angst, ich verurteile dich nicht. Ich kann selbst nicht behaupten, historische besonders gebildet zu sein. Simon Bolívar war ein Venezolaner, der im neunzehnten Jahrhundert eine Revolution gegen die Spanier geführt hat. Er hat es geschafft, die spanischen Besetzer aus den amerikanischen Kolonien zu vertreiben und die Bevölkerung von der Herrschaft des fremden Königs zu befreien. Sein größter Traum war ein vereintes, südliches Amerika, das in Wohlstand und Freiheit leben kann. Das seine Bodenschätze und Ressourcen selbst nutzen und eigenständig bestimmen kann, wie es leben will.
Wie so oft waren leider auch hier die Träume zu groß für das, was möglich war. Nichtsdestotrotz hat Bolívar Unglaubliches vollbracht. Während er jedoch in seinen Feldzügen durch das Land reiste und die Spanier vertrieb, zerfiel hinter seinem Rücken das Reich, das er aufbauen wollte. Seine Geschichte hat kein glückliches Ende. Es war ihm unmöglich, sein Volk zufriedenzustellen. Krank, enttäuscht und verbittert stirbt er schließlich, doch nicht ohne seinen Namen in die Geschichte der Menschheit und vor allem Hispanoamerikas gebrannt zu haben.
Tagtäglich beschäftigen uns die Erzählungen von Helden. Ich als Schriftstellerin setze mich intensiv mit dieser Thematik auseinander. Was macht jemanden zu einem Helden? Ist es Macht? Ist es Stärke? Ist es Persönlichkeit? Ist nicht jeder manchmal ein Held? Ist es ebendiese Tatsache, erinnert zu werden für das, was man erreicht hat? Sind es die Spuren, die man zurücklässt? Wie lange werden diese überdauern? Werden auch die Kinder in hundert Jahren noch wissen, wer Simon Bolívar gewesen ist?
All diese Fragen haben mich auch meine eigene Einstellung hinterfragen lassen. Ist es mir wichtig, erinnert zu werden? Tatsächlich muss ich sagen, dass mir das aus jetziger Sicht überhaupt nicht relevant erscheint. Selbst wenn mit meinem Tod jegliche Erinnerung an mich ausgelöscht werden sollte, macht mir dies keine Angst. Ich bin dann ohnehin nicht mehr da, um mich zu ärgern, oder? Dennoch muss ich zugeben, dass mir der Gedanke gefällt, etwas zurückzulassen, was ich geschaffen habe: meine Bücher. Egal, was ich tue, meine Bücher habe ich in diese Welt gesetzt und so leicht werden sie hoffentlich nicht mehr verschwinden. Sie werden meine Werte bewahren und auch wenn sie lediglich auf irgendwelchen Dachböden langsam zu schimmeln beginnen, tragen sie ein Stück von mir in sich. Für immer.
So weit müssen wir aber gar nicht gehen. Im Grunde hinterlassen wir mit jedem Schritt, den wir tun, und mit jedem Wort, das wir sagen, etwas von uns. Es mag nur ein flüchtiger Eindruck sein und sofort im alltäglichen Chaos versinken, doch wer weiß, wem wir unwissend im Gedächtnis geblieben sind? Wen wir inspiriert, wen wir geprägt haben? Und sei es nur die Tatsache, dass wir einem Tankstellenverkäufer in diesen Zeiten ein Lächeln zugeworfen haben. Wir wissen nie, wem wir in Erinnerung bleiben. Im Laufe unseres Lebens bleiben überall Spuren von uns zurück. Vielleicht kann sie niemand auf uns zurückführen. Vielleicht wird man uns nicht mit unseren Namen und unseren Gesichtern gedenken, aber irgendwo werden wir doch erinnert werden.
Dieser Gedanke verleiht mir Mut. Wir können aneinanderwachsen, gemeinsam unsere Leben gestalten und im Miteinander erinnern. Ich hoffe, das wird euch nicht zu kitschig. Das Serienende hat mich in sehr emotionale Stimmung versetzt… Aber ich höre schon auf. Na ja, eines will ich noch sagen. Man muss nicht in einem Geschichtsbuch stehen, um ein Held oder eine Heldin zu sein. Es reicht eine nette Geste oder ein selbstloses Wort. Heute habe ich eine Herausforderung für euch. Probiert es aus! Macht euch selbst zu Helden und Heldinnen! Sorgt dafür, jemandem eine schöne Erinnerung zu schenken und sei sie auch noch so klein.
Ich wünsche euch einen gemütlichen Sonntag! Wir hören uns nächste Woche ;)

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