Gänsehaut im Norden
- chiarasue
- 15. Aug. 2021
- 3 Min. Lesezeit
Hallihallöchen!
Frisch gebräunt und munter begrüße ich euch zu einem neuen, supersonnigen Sonntag! Na schön, das letztere ist gelogen. Munter bin ich nicht gerade, ich brauche ziemlich viel Schlaf, müsst ihr wissen. Und außerdem leide ich noch an den Langzeitfolgen eines momentan häufig auftretenden Phänomens: Stau. Ich weiß, darüber haben wir letzte Woche schon ausführlich diskutiert, aber eine interessante Beobachtung konnte ich noch machen: Obwohl ich mich bei der Rückfahrt neun Stunden quasi nicht bewegt habe, habe ich viel gejausnet, weil mir ziemlich langweilig war. Resultat: Ich habe viel Fett angelegt und das Auto muss dringend gründlich gesaugt werden, aber tatsächlich ist Essen eine funktionierende Beschäftigung. Kurzzeitig praktisch, auf die Dauer gemessen eher von Nachteil.
Was mich in diesem Urlaub außerdem beschäftigt hat, ist die Angst. Ich weiß, was ihr jetzt denkt. „Angst? Im Urlaub? Irgendwas muss die gründlich falsch gemacht haben.“ Tatsächlich habe ich den Urlaub aber sehr genossen. Also keine Sorge.
Die Angst ist eine Emotion, die grundsätzlich sehr negativ konnotiert ist. Meistens betrachten wir – oder zumindest ich – die Angst als ein Hindernis. Sie hält uns davon ab, etwas zu tun, was wir ohne sie mit links schaffen würden. Sie verschafft uns gegenüber anderen einen Nachteil. Wenn du zum Beispiel Höhenangst hast, hast du dich garantiert schon einmal gefragt: Warum? Andere lässt die Höhe vollkommen kalt. Warum jagt sie ausgerechnet mir heiße Schauer über den Rücken? Angst scheint einer Allergie manchmal nicht unähnlich. Sie wird durch etwas vollkommen Natürliches und meist Ungefährliches aktiv und hält uns davon ab, etwas Bestimmtes zu tun.
Das ist natürlich eine nervige Seite der Angst. Im Allgemeinen ist sie aber vor allem dazu da, uns zu schützen. Angst versorgt unseren Körper mit Adrenalin und somit mit Energie. Stehen wir also vor einem Säbelzahntiger, hilft sie uns, die nötige Kraft aufzuwenden, um davon zu sprinten und nicht als Mittagessen zu enden. In den meisten Fällen ist das heutzutage aber gar nicht mehr notwendig. Fürchtet man sich zum Beispiel vor einem Vorstellungsgespräch, ist es nicht unbedingt die beste Option, wegzurennen. Obwohl man sich so nicht vorstellen muss. Entkommen tut man der Gefahr also schon, das Ziel rückt aber nicht unbedingt näher.
Dann gibt es noch Situationen, in denen es sehr wohl nützlich ist, Energie parat zu haben. Bei einem Überfall zum Beispiel. Oder während einer Naturkatastrophe. Oder wenn die Mutter entdeckt, dass man beim Abwaschen aus Versehen mit der rauen Seite des Schwammes auf die beschichtete Pfanne gekommen ist. Die Urinstinkte sind also nicht nutzlos, sondern hin und wieder durchaus sinnvoll.
Es gibt noch einen Vorteil, den Angst uns bietet. Wenn Angst nämlich ein Hindernis ist, kann sie überwunden werden. Angst ist eine Herausforderung. Vor allem die Angst vor alltäglichen Dingen. Die Angst, vom vierten Stockwerk aus dem Fenster zu schauen oder die Angst, eine Spinne aus der Wohnung zu tragen. Die Angst, den hübschen Jungen aus der höheren Stufe anzusprechen oder einfach die Angst, sich beim Zahnarzt einen Termin auszumachen. Ängste sind ein wichtiger Teil in unseren Leben. Sie helfen uns, neue Fähigkeiten zu erlernen und über uns selbst hinauszuwachsen, auch wenn das kitschig klingt. Im Grunde sind die Ängste unsere große Chance, uns zu entwickeln. Nur durch sie können wir mutig sein. Nur durch sie können wir lernen, in uns selbst zu vertrauen.
Natürlich gibt es auch noch andere Wege, neue Dinge zu lernen, doch kein Erfolg ist mit dem Gefühl vergleichbar, wenn man es nach ewigem Zögern endlich schafft, von der Klippe zu springen. Oder die Spinne zu berühren. Oder den vereinbarten Termin in den Kalender einzutragen. Es ist ein ganz besonderer Stolz, der uns in solchen Momenten erfüllt. Man fühlt sich, als ob man einen lange bekannten Feind besiegt hätte. In Wirklichkeit ist die Angst nicht der Feind, sondern ein Freund. Ein etwas brutalerer Freund, durch den wir mutig und stark und selbstbewusst werden.
Ihr wisst ja, dass ich es liebe, mit Sichtweisen zu spielen. Das ist die Seite der Angst, die ich diese Woche entdecken durfte. Ich hoffe, ich konnte euch ein bisschen von ihr verzaubern. Mich hat sie auf jeden Fall von sich überzeugt und ich sehe meine Ängste nun mit anderen Augen. Dennoch kann ich viele von ihnen noch nicht überwinden, aber ich weiß, dass ich eines Tages so weit sein werde. Und wenn nicht, macht das auch nichts. Wäre ja auch irgendwie langweilig, so ganz ohne Ängste…
Was denkt ihr dazu und welche Ängste habt ihr bereits überwunden? Welche begleiten euch noch immer? Ich hoffe doch, dass eine davon ist, einen meiner Beiträge zu verpassen ;) Wir hören uns nächsten Sonntag! Bis dann :)

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