Hallo-Horror
- chiarasue
- 31. Okt. 2021
- 3 Min. Lesezeit
Der 31. Oktober...der Tag des Gruselns...Geister und Hexen sind auf den Straßen unterwegs, stets auf der Jagd nach Süßem. Aufregung herrscht in den Häusern. Die einen bereiten voller Vorfreude Fässer voller Schokolade und Zuckerl vor, während die anderen panisch alle Eingänge zum Haus versperren, die Fenster barrikadieren und sich vor der Außenwelt abzuschotten versuchen.
Ich lasse mich nicht gerne schrecken, außer wenn es mit der Intention geschieht, mich von einem schrecklichen Schluckauf zu befreien. Ansonsten meide ich alles, was mit Horror zu tun hat. Filme, Podcasts, Bücher, Halloween. Wobei auch ich zugeben muss, dass ich den Nervenkitzel verstehe, wenn wir etwas absichtlich Gruseliges konsumieren. Allerdings müssen wir mit dieser Faszination für das Unheimliche auch vorsichtig sein. Ich habe mir ein paar Gedanken dazu gemacht, welche ihr im folgenden Text finden könnt. Bin schon gespannt, was ihr davon denkt...
Es ist die Nacht, die wir fürchten, doch sollte es nicht der Tag sein, der uns das Blut in den Adern gefrieren lässt? Der Tag, an dem das Wegschauen zum Verbrechen wird, an dem man sich nicht blind stellen kann, an dem man genau beobachten kann, was sich wenige Zentimeter entfernt vor seinen Augen abspielt?
In der Nacht ist es unsere Phantasie, die unserer Angst Leben einhaucht. Sie gaukelt uns vor, Schritte zu hören oder einen Schatten im Augenwinkel zu sehen. Sie flüstert uns frostige Märchen ins Ohr, die sich im Karussell unserer Gedanken verselbstständigen. Sind wir allein, täuscht sie uns Begleiter im Nebel vor. Sind wir unter Menschen, spüren wir den Blick unserer Verfolger im Nacken. Im Mantel der Dunkelheit tarnt sich jeder Baum als Fangnetz und jeder Mensch wird zum Feind. Die Finsternis bietet den perfekten Bildschirm, um unsere inneren Filme darauf zu projizieren. Das Gefinkelte daran ist, dass unsere Phantasie genau weiß, wo unsere Schwächen liegen und genau da angreifen kann, wo sie den meisten Schaden anrichtet.
Am Tag wird das Ganze schon schwieriger. Im Licht können wir uns davon überzeugen, dass uns niemand auflauert. Im Licht erkennen wir den Baum als das, was er wirklich ist. Und dennoch sehen wir nicht alles. Wir sehen nicht, wie die Mutter neben ihrem Kind im Kinderwagen raucht. Wir sehen die blauen Flecken auf ihren Schläfen nicht. Wir sehen sie nicht, weil wir sie nicht sehen wollen. Weil wir gelernt haben, darüber hinwegzusehen. Wir sehen sie nicht, weil sie nichts mit uns zu tun haben und weil das alles auch ein großes Missverständnis sein könnte. Vor den Verbrechen des Tages schließen wir unsere Augen, in der Nacht lassen wir uns von ihnen jagen.
Wir Menschen besitzen eine Faszination für das Böse, solange es nicht wirklich ist. Wir genießen den Nervenkitzel und das Adrenalin. Aber sobald es ernst wird und man plötzlich begreift, dass die Schrecken der Nacht am Tag verblassen und nur mehr vereinzelt sichtbar sind, verliert das Böse seinen Reiz und man wendet sich ab. Warum? Weil es diesmal der Hauch einer echten Angst ist, die uns kalt unter die Haut kriecht? Weil wir einen Beweis dafür haben, dass es ihn wirklich gibt, den Schrecken? Und weil er doch viel angenehmer ist, wenn wir ihn uns vorstellen können?
Ich denke, dass es super wichtig ist, den schmalem Grad zwischen Ernst und Spaß nicht zu vergessen, wenn es um die Thematik des Horrors geht. Im Fall von Halloween kommt außerdem hinzu, dass jeder für sich persönlich unterschiedliche Grenzen steckt, was den auszuhaltenden Gruselfaktor betrifft. Diese sollte man akzeptieren und nicht absichtlich ausloten. Für mich drehte sich an Halloween als Kind aber ohnehin alles um die Süßigkeiten. Die gruselige Verkleidung war dabei zweitrangig, was auch meine damalige Figur erklären dürfte ;) Auf jeden Fall will ich mit diesem Beitrag unter keinen Umständen Halloween schlechtreden. Man sollte nur nicht vergessen, dass Horror ein ambivalentes Thema ist, in dem manchmal mehr Realität steckt, als uns lieb ist. Also: Augen auf, nicht nur in der Nacht!
Was denkt ihr über Horror? Gehört ihr zu denjenigen, die sich begeistert ins pechschwarze Kino setzen und sich gerne von unheimlichen Gestalten eine Gänsehaut nach der anderen über den Rücken jagen lassen? Schnappt ihr euch jeden Horrorroman und könnt gar nicht genug von den Gruselgeschichten bekommen? Oder zählt ihr wie ich eher zu den vorsichtigen Genießern des Horrors, die sich allzu leicht hinter den eigenen zehn Fingern verkriechen und "Hotel Transsilvanien" jederzeit einer Stephen-King-Verfilmung vorziehen würden? Beides ist natürlich vollkommen in Ordnung. Ich ziehe vor jedem den Hut, der sich freiwillig den Torturen eines Schreckens nach dem anderen aussetzt. Ich bleibe da lieber bei meinen schön kitschigen romantischen Komödien... :)
Halloween kann sogar für beide - Horrorgenießer und Horrormeider - ein netter Abend sein. Es nimmt einem ja auch etwas die Angst, sich selbst als gruseliges Wesen zu verkleiden und in die Rolle eines Geistes zu schlüpfen. Wer weiß, vielleicht sind die auch nur zutiefst missverstandene Wesen...
Damit wünsche ich euch einen schönen Sonntag, genießt die 25. Stunde heute und habt einen schönen Abend! Bis nächste Woche :)

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