Lasst uns das Leben träumen
- chiarasue
- 2. Apr. 2023
- 4 Min. Lesezeit
Hallo ihr Lieben!
Spät, aber doch melde ich mich heute bei euch. Wie geht's, wie steht's? Seid ihr gut in die Karwoche gestartet? Heute war bei uns in der Früh der Papa der Palmesel. Früher war ich immer eine ganz heiße Kandidatin für diesen Posten.
Heute wollte ich mit euch über ein Buch sprechen, das ich vor kurzem gelesen habe. Ursprünglich ist das Drama wegen meines Studiums auf meiner Leseliste gelandet. Deshalb ist es auch von einem spanischen Autor: "La vida es sueño" von Pedro Calderón de la Barca aus dem Jahr 1635. Auf Deutsch übersetzt heißt es "Das Leben ist Traum". Es stammt aus der spanischen Literaturepoche "El Siglo de Oro", was soviel wie "das goldene Jahrhundert" bedeutet. Den Namen trägt es deshalb. weil in dieser Zeit, die übrigens lustigerweise zwei Jahrhunderte umfasst, sehr viele literarisch hoch angesehene Werke entstanden sind. Eines davon ist "Das Leben ist Traum."
Zuerst war ich etwas skeptisch und das nicht zuletzt, weil das Drama im Spanisch des 17. Jahrhunderts verfasst ist. Glücklicherweise war in meiner Ausgabe die deutsche Übersetzung gleich nebenbei, was mir das Verständnis wesentlich erleichtert hat. Im Folgenden möchte ich euch kurz erklären, worum es geht und was die Träume in all dem zu suchen haben.
Einer der Protagonisten des Dramas ist Segismundo. Segismundo ist eigentlich der Sohn des amtierenden polnischen Königs. Nur weiß er das nicht. Der König, Basilio, hat ihn kurz nach seiner Geburt weggesperrt, da ihm vorhergesagt worden ist, dass Segismundo ein schlechter, tyrannischer Herrscher werden würde. Nachdem bei der Geburt auch noch seine Mutter umgekommen ist, ist Basilio überzeugt von der Wahrheit der Prophezeiung und sperrt Segismundo in einen Turm, wo er nie jemandem begegnen soll. Jahre ziehen ins Land und Basilio holt das schlechte Gewissen ein. Er beschließt, Segismundo eine Chance zu geben, wäre er doch sonst selbst ein ungerechter Herrscher. Mit einem Schlafmittel betäubt wird Segismundo in die Königsgemächer gebracht, wo er kurz darauf äußert irritiert aufwacht. Als man ihm erzählt, dass er der zukünftige König sein soll, spielt er sich sogleich auf und gerät in eine hitzige Diskussion mit einem Diener, den er kurzerhand aus dem Fenster wirft. Basilio nimmt dies als Zeichen, dass Segismundo ein schlechter Mensch ist, und lässt ihn zurück in seinen Turm sperren, wo ihm sein Bewacher Clotaldo anschließend weismacht, es sei alles nur ein Traum gewesen. Segismundo ist zutiefst verwirrt. In seinem Kopf verschwimmt die Realität mit dem angeblichen Traum. Nach einem Gespräch mit Clotaldo wird ihm allerdings bewusst, dass man auch im Traum Gutes tun sollte. Als die Öffentlichkeit von der Existenz Segismundos Wind bekommt, formiert sich eine Gruppe von Soldaten, die den wahren Thronerben unterstützen wollen. Sie befreien Segismundo aus seinem Turm und starten einen Kampf gegen den König und seine Gefolgsleute. In dem folgenden Gemetzel unterliegt der König Basilio und muss vor Segismundo niederknien. Dieser verschont ihn jedoch zur Überraschung aller und verkündet, dass er ein gerechter Herrscher sein will, um den Sternen zu zeigen, dass er sein Schicksal selbst bestimmen kann.
Das Drama ist geprägt von Gegensätzen, die wunderbar zur Interpretation einladen. Was mich aber wirklich fasziniert hat, ist Calderons Spielerei mit der Thematik Traum und Realität. Segismundo ist zwischendurch fest davon überzeugt, dass er noch immer in seinem Traum gefangen ist. Es gibt eine sehr berühmte Stelle, die ich euch hier gerne zitieren würde:
¿Qué es la vida? Un frenesí.
¿Qué es la vida? Una ficción,
una sombra, una ilusión,
y el mayor bien es pequeño;
que toda la vida es sueño,
y los sueños, sueños son.
Und noch einmal übersetzt:
Was ist das Leben? Raserei.
Was ist das Leben? Eine Fiktion,
ein Schatten, eine Illusion,
und das größte Gut ist klein,
das ganze Leben ist Traum,
und die Träume sind Träume.
Auf Deutsch klingt es leider nicht mehr so melodisch, aber dafür versteht man die Bedeutung besser. Segismundo sagt, dass alles Leben Traum ist. Und wenn es so wäre? Könnte es nicht sein, dass wir in einem tiefen Traum leben und wenn wir sterben, wachen wir auf? Dieser Gedanke erinnert an den Film "Matrix". Vielleicht sagt euch der etwas. Auch der Film "Inception" behandelt Träume, in die eingedrungen werden kann. Es ist also klar zu sehen, dass dieses Thema die Menschheit schon seit Jahrhunderten beschäftigt. Gibt es noch mehr? Leben wir in einer Stufe, unter der es noch etwas gibt?
Was sagt ihr? Im Grunde finde ich, dass es ein schöner Gedanke ist, das Leben als Traum zu betrachten. In einem Traum ist alles möglich. Diese Perspektive verleiht dem Leben selbst mehr Leichtigkeit. Damit meine ich nicht, dass man alles auf die leichte Schulter nehmen kann. Auch in Träumen kann es Konsequenzen geben. Letztendlich spielt es wahrscheinlich auch keine Rolle, denn die Antwort werden wir nie herausfinden. Unser Leben ist unsere Realität und Träume können sich schließlich auch verwirklichen...
Mit diesen Gedanken entlasse ich euch in den Abend. Ich bin gespannt, wovon ich heute träumen werde. Vielleicht ja von meinem Leben...oder von einem Traum? Wir hören uns auf jeden Fall nächste Woche in der Realität. Oder der virtuellen Welt. Oder irgendetwas dazwischen. Irgendwie werde ich euch auf jeden Fall frohe Ostern wünschen können. Bis dann ;)

Comentários