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Warum Tauben arbeitslos sind

  • Autorenbild: chiarasue
    chiarasue
  • 7. März 2021
  • 3 Min. Lesezeit

Hallo alle miteinander!

Aus gegebenem Anlass beschäftigen wir uns heute mit einer kaum mehr vertretenen Art der Kommunikation: Briefe. Am Freitag habe ich zu einer Schularbeit (meiner letzten in Deutsch übrigens…ahhhh!) einen Kommentar über die Sehnsucht nach analoger Nachrichtenvermittlung geschrieben. Das hat mich zum Nachdenken gebracht, warum diese Form der Kommunikation verloren gegangen ist, obwohl sie doch mehr als alle anderen zeigt, wie viel uns das Gegenüber bedeutet.


Zu den Gründen für die sinkende Zahl an BriefschreiberInnen bin ich schnell gekommen. Briefe sind zu langsam, zu umständlich, zu teuer, zu altmodisch. Will man einen Brief schreiben, besteht die erste Hürde schon einmal darin, Stift und Papier zu besorgen, während das Handy meist bequem und griffbereit neben einem liegt. Anschließend müsste man ihn schreiben, also so wirklich. Mit der Hand und so. Dabei kann man Flüchtigkeitsfehler nicht hübsch einfach durch das Klicken einer Taste löschen, sondern müsste sich mit einem hässlichen Fleck auf dem Papier zufriedengeben. Nicht zu vergessen ist der folgende Weg zum Postamt, um Briefmarken zu besorgen und das geschriebene Meisterwerk aufzugeben. Die Wartezeit auf eine Antwort beträgt mindestens drei Tage. Ist es das wirklich wert? Wenn man doch auch einfach eine schnelle Nachricht tippen, sie mit einem Klick versenden und innerhalb von zehn Minuten eine Antwort erhalten könnte? (Außer es handelt sich bei dem/der Rezipienten/in um eine etwas ältere Person, dann muss man manchmal mit einer halben Stunde Wartezeit rechnen…)


Aber lassen wir diese ganzen umständlichen Arbeitsschritte einmal weg und denken daran, wie sich der/die Empfänger/in fühlt, wenn er/sie plötzlich einen Umschlag in ihrem Postkasten findet, der weder eine Rechnung noch ungefragte Werbung in sich birgt. Stell dir das überraschte Lächeln in seinem/ihrem Gesicht vor, als er/sie den handgeschriebenen Umschlag öffnet und deinen Brief herauszieht. Denn durch ihre zurückgehende Präsenz gewinnen Briefe auch automatisch an Wert, eben genau weil es so viele Schritte und „Aufwand“ erfordert, sie abzuschicken.


Ein Brief sagt abgesehen von seinem Inhalt noch etwas ganz anderes aus. Er zeigt: „Hey, ich habe an dich gedacht, Zeit investiert, um dir zu schreiben und dir meine Worte zukommen zu lassen.“ Ein Brief ist ein Beweis der Zuneigung, die man für den/die Empfänger/in empfindet. Gewissermaßen ist jeder Brief, den man heutzutage abschickt, ein Liebesbrief. Und dabei ist es egal, was drinnen steht.


Zu meinem Geburtstag habe ich einen Brief von einer meiner Freundinnen bekommen, weil wir uns aufgrund des Lockdowns nicht sehen konnten. Darüber habe ich mich tausendmal mehr gefreut, als ich es über eine WhatsApp-Nachricht getan hätte. Der Brief hat mir gezeigt, dass sie schon Tage vor meinem Geburtstag an mich gedacht und sich etwas überlegt hat. Ich erinnere mich auch, dass ich mich als Kind ausnahmslos immer über einen Brief gefreut habe, wenn ich denn einen bekommen habe. Diese Freude hat sich nicht gelegt, ich erhalte lediglich keine Briefe mehr.


Das ist eine traurige Veränderung, die ich gerne revidieren würde. Was ist also der beste Weg, um wieder Briefe zu bekommen? Ganz klar: welche zu schreiben! Ich weiß auf jeden Fall schon, was ich heute vorhabe.


Ein ganz wesentlicher Vorteil von Briefen ist außerdem, dass sie nicht verloren gehen (außer man schmeißt sie weg). Briefe bleiben, während sich in zehn Jahren niemand mehr die Mühe machen wird, den WhatsApp-Chat bis ganz nach oben zu scrollen. Dabei wandere ich gerne gewisse Chats nach oben und erinnere mich an die Zeit zurück, als sie entstanden sind. Doch irgendwann hängt sich mein Handy auf und die melancholiegeladenen Momente werden einfach zerrissen. Mit Briefen kann das nicht passieren. Ihre bloße Existenz erinnert dich an schöne (und manchmal auch schwere oder traurige) Zeiten zurück. Sie sind ein Relikt deiner Vergangenheit und auch wenn ihr Inhalt noch so belanglos ist, wird er für dich in ein paar Jahren Bedeutung tragen.


Und fühlt man sich dieser Person, der man schreibt, nicht durch das bloße Schreiben gleich viel mehr verbunden? Ist man nicht mit den Gedanken während des Verfassens der Zeilen voll und ganz bei ihr? Und ist das nicht eine Nähe, die es sich zu spüren lohnt?

Ich sehe ein, dass Briefe den Höhepunkt ihrer Verwendung lange hinter sich haben. Elektronische Medien sind nun mal um einiges praktischer und auch wichtiger, da sich in unserer modernen Welt die Kommunikation wesentlich beschleunigt hat. Genau deshalb tragen Briefe auch eine gewisse Ruhe in sich. Sie haben es nicht eilig, sie wollen dich nur erreichen. Irgendwann. Sie wollen nichts von dir, sie wollen dir einfach etwas mitteilen.


Deshalb widme ich diesen heutigen Beitrag den Briefen da draußen, die immer noch unterwegs sind. Und vielleicht lacht euch das Papier in der verstaubten Schublade ja heute besonders frech an und ihr habt eine Idee, was ihr damit machen könntet…


Ich wünsche euch einen wunderschön sonnigen Sonntag! Wir hören uns nächste Woche wieder ;)


Da kommt mir eine Idee…ein Blog in Form von Briefen…hmmm…wo ist nochmal meine alte Feder?



 
 
 

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