Was werde ich heute tun?
- chiarasue
- 1. Mai 2022
- 3 Min. Lesezeit
Hallihallo an einem neuen Sonntagmorgen!
Soll ich euch ein Geheimnis verraten? Ja? Wollt ihrs wissen? Na gut, ich spanne euch nicht länger auf die Folter. Bei mir ist heute gar nicht Sonntag. In der Tat haben wir gerade Montag, als ich diese Zeilen schreibe. Ihr könnt es nicht glauben? So viel Organisation ist mir gar nicht zuzutrauen? Also ich muss schon bitten!
Nein, ihr hab ja Recht. Ich bin selbst überrascht. Normalerweise schaffe ich es nicht so bald, mich schon dem neuen Beitrag zu widmen. Gerade habe ich aber eine Lücke in meinem Terminkalender (sitze soeben in der Straßenbahn) und da habe ich mir gedacht, die kann ich gleich nutzen. Wobei wir schon bei unserem heutigen Thema wären: Zeit nutzen, planen, organisieren.
Bevor ich euch in meine Gedanken dazu stürzen lasse, möchte ich noch kurz klarstellen, dass ich den Beitrag vor einigen Wochen zum Thema der Zeit keinesfalls vergessen habe. Dort habe ich herausgefunden, dass wir unsere Zeit viel zu oft vollstopfen, wodurch sich unser Leben laufend beschleunigt und wir keine Zeit zum Nichts-Tun mehr haben. Und zum Nicht-Denken, womit wir die Brücke zu letzter Woche geschlagen haben. Heute begeben wir uns in die Mitte dieses Zeitrafferlebens hinein und sehen wir uns dort einmal um. Heute lüften wir das Geheimnis des permanenten Stress', das ich Genie entschlüsselt und perfektioniert habe.
Meine Woche ist grundsätzlich starr bis zum Geht-Nicht-Mehr geplant. Wie ihr vielleicht noch nicht wisst, studiere ich in zwei Städten, wodurch ich gefühlt 10 Stunden in der Woche im Zug verbringe. Weitere 5 in der Straßenbahn. Deshalb habe ich damit begonnen, meine Fahrten zu planen. Das sieht dann zum Beispiel so aus: „Am Mittwoch im REX von A nach B erledige ich die Hausübung für Literaturwissenschaft und für Schulmathe, wenn sich das noch ausgeht." Das Ganze funktioniert grundsätzlich einwandfrei, solange man sich nicht, kaum hat man einen Fuß in den Waggon gesetzt, mit einem zehnjährigen Fußballteam oder einer Maturaklasse auf Schnapsverkostung konfrontiert sieht. In diesen Fällen kann man sich auch immer darauf verlassen, dass nirgendwo sonst ein Platz frei ist. Dann muss man eben flexibel sein. Und auch wenn ich geglaubt habe, Corona hätte mir auf diesem Gebiet einiges beigebracht, stelle ich fest, dass es mich dennoch wahnsinnig macht, wenn ein Plan nicht aufgeht.
Ihr müsst wissen, dass ich etwas besitze, das ich täglich verfluchen und gleichzeitig dem Himmel aus ganzem Herzen dafür danken könnte: alles, was zu tun ist, so schnell und so gut wie möglich hinter mich zu bringen. Ich gehöre nicht zu denjenigen, die eine Hausübung bis zum letzten Drücker aufschieben. Das lässt mein Gehirn nicht zu. Dieser Eigenschaft habe ich viele Leistungen zu verdanken, aber auch viele verbrannte Nerven und ausgeraufte Haare. Deshalb konzentriere ich mich momentan darauf, das Ganze etwas im Mittelmaß zu halten.
Jetzt fällt mir gerade eine interessante Nebenbemerkung ein. Erinnert ihr euch noch an den Beitrag mit dem Butterbrot? Das ist schon lange her... Es ging darum, dass es Leute gibt, die sich beim Butterbrot den besten Streifen immer bis zum Schluss aufheben, während andere ihn als erstes essen. Nach diesem Ess-Schema arbeite ich auch. Die schlimmsten Aufgaben möglichst schnell erledigen, die guten anhängen, wenn noch Zeit ist.
Zurück zum heiligen Mittelmaß: die Tendenz bewahren, das Extrem weglassen. Nicht ganz so einfach, wie es sich anhört. Das andere Extrem ist nämlich auch sehr verführerisch: nichts machen und hoffen, dass sich die Aufgabe mit der Zeit in Nichts auflöst. Mein Bruder ist ein Künstler in diesem Bereich, wobei er ein erstaunlich feinfühliges Gespür dafür aufweist, wie viel er machen muss, damit es gut passt. Planen ist nicht sein Spezialgebiet, aber er kommt trotzdem überall hin, wo er hinwill. Und wenn nicht, ist es eben so.
In dieser Hinsicht kann ich mir eindeutig eine Scheibe von ihm abschneiden. Ich suche immer nach dieser Sicherheit, die mir das Planen vorgaukelt, aber nicht geben kann. Es gibt keine Sicherheit. Nie. Egal, wie viel Zeit und Arbeit ich in die Planung investiere. Das ist eine Tatsache, an die ich mich immer wieder erinnern muss.
Pläne sind sicherlich sinnvoll, das will ich nicht abstreiten. Und jeder hat seine eigene Weise, damit umzugehen. Manchmal ist ihre Sicherheit notwendig, damit wir uns wohlfühlen. Vielleicht ist auch das nur eine Täuschung, aber eine Täuschung, die hilft. Und zumindest in unserer westlichen Welt kommen wir ohne jegliche Art von Plänen nicht aus. Wichtig ist aber, dass man nicht vergisst, was ein Plan wirklich ist: Vorstellung. Keine Weissagung, kein Versprechen, kein Fakt.
Selbst wenn man das schon jahrelang weiß und kontinuierlich daran erinnert wird, kann es jedes Mal wieder wehtun, wenn etwas nicht so läuft wie geplant. Das gehört wohl zum Lernprozess dazu. Und ich lerne, das merke ich auch. Wer weiß, vielleicht bekommt ihr am Sonntag gar nicht diesen Beitrag zu lesen, sondern etwas gamz anderes.... Wir werden sehen ;)

Comentários