Was will ich?
- chiarasue
- 16. Okt. 2022
- 3 Min. Lesezeit
Hallo alle miteinander!
Alles klar bei euch? Freut ihr euch über die wieder steigenden Temperaturen genau wie ich? Habt ihr momentan etwas vor? Irgendwelche Pläne für die neue Woche? Und sind diese Pläne wirklich eure oder stammen sie eigentlich von jemand ganz anderem? Werdet ihr zum Beispiel von eurer Freundin gezwungen, am Sonntag in aller Frühe aufzustehen, um den Sonnenaufgang vom Gipfel eines Berges aus zu sehen?
Dieses Schicksal musste mein Freund letzte Woche auf sich nehmen. Es war aber auch echt schön. Und kalt. Und dunkel. Irgendwie habe ich nicht bedacht, dass es ja noch finster ist, wenn man vorm Sonnenuntergang auf Wanderschaft gehen will...Nehmt also eine Taschenlampe mit, wenn ihr euch einige schmerzhafte Stolperer ersparen wollt.
Von Geburt an folgen wir Zielen, die wir als unsere eigenen betrachten oder implizit dazu machen. Mein Freund wollte vermutlich nicht auf den Berg gehen. Allerdings wollte er auch ein guter Freund sein und mich glücklich machen, weil ich echt stinkig sein kann, wenn ich nicht bekomme, was ich will. Also hat er meinen Wunsch zu seinem gemacht im Sinne von „das kleinere Übel wählen“.
In unserer Gesellschaft geht es ganz oft darum, was andere von uns wollen. Zuerst richten wir uns nach dem Willen unserer Eltern. Wir werden Krabbeln für Krabbeln und Schritt für Schritt Teil eines Systems. Irgendwann beginnen wir, einfach mitzulaufen, ohne uns zu fragen, ob dies die richtige Richtung ist. Wir streben einen Schulabschluss an, weil das „normal“ ist. Wir folgen dem Strom und hoffen, von ihm nicht in den Abgrund gezogen zu werden.
Da der Mensch ein soziales Wesen ist, suchen wir uns Gruppen. Wir haben das Bedürfnis, dazuzugehören. Alleine fühlen wir uns einsam und fragen uns, ob etwas mit uns nicht stimmt. Wir wollen uns anpassen, weil wir nichts anderes als dieses Sytem kennen, in dem jeder seinen Platz in der Reihe hat. Wir haben Angst, diesen Platz zu verlieren.
Durch den täglichen Einfluss von Medien haben sich unsere Eindrücke von Normalität stark verzerren lassen. Viel zu oft sind wir mit außergewöhnlicher, oft unrealistischer Schönheit konfrontiert. Auf Instagram sehen wir wunderschöne Menschen an wunderschönen Orten, die jeden Tag den Spaß ihres Lebens haben. Die Arbeit, die hinter diesen Bildern steckt, sehen wir nicht. Wir dürfen nicht den Sinn dafür verlieren, was echt und was wertvoll ist.
Gruppenzwang existiert schon seit Ewigkeiten. Ich bin mir auch sicher, dass jeder schon einmal etwas nur gemacht hat, weil es die anderen tun. Ich selbst habe mit diesem Phänomen schon lange zu kämpfen. Manchmal denke ich, dass ich die einzige aus meiner Altersgruppe bin, die etwas (nicht) mag. Aus ebenjenem Bedürfnis, dazugehören zu wollen, habe ich schon oft Dinge gemacht, auf die ich eigentlich keine Lust hatte. Danach ging es mir nie sonderlich gut. Die Linie ziehe ich dort, wo ich weiß, dass ich mir selbst schade. Deswegen möchten mich einige als spießig abstempeln, aber das ist in Ordnung. Der Preis für mein Zurückhalten ist leider oft, allein zu sein.
Meine Bitte an euch alle da draußen wäre, jemanden nicht gleich zu verurteilen, weil er/sie euch seltsam erscheint oder Dinge tut, die ihr nicht versteht. Wenn jemand keinen Alkohol trinken will, ist das gut und schön. Das bedeutet nicht, dass man nicht zu Partys eingeladen werden will. Das bedeutet nicht, dass man automatisch konservativ oder besonders religiös ist. Das bedeutet nicht, dass man spießig oder verklemmt ist. Das bedeutet nicht, dass man mit einem keinen Spaß haben kann.
Außerdem will ich euch ans Herz legen, euch nicht verunsichern zu lassen, wenn auf den ersten Blick niemand ist wie ihr. Ganz oft sieht man in solchen Momenten keine Gemeinsamkeiten mehr. Fragt euch hin und wieder, was ihr eigentlich wirklich wollt und ob das, was ihr tut, auf dieses Ziel hinarbeitet. Jeder von uns hat ein Recht auf eigene Träume und auf eigene Wege, die uns ihnen näherbringen.
Ich hoffe, ihr konntet euch aus dem Beitrag heute etwas mitnehmen. Und sei es nur, dass ihr froh seid, keinen Partner zu haben, der euch sonntags um 6 Uhr aus dem Bett schmeißt, um im Stockfinstern auf einen Berg zu wandern :)
Dieses tolle Foto ist allerdings dabei entstanden :)
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