Wenn du nicht dir gehörst 2
- chiarasue
- 27. Feb. 2022
- 4 Min. Lesezeit
Hallo liebe Leute!
Wie geht es euch? Gaukelt bei euch auch die Sonne schon den Frühlingsbeginn vor? Bei mir scheinen gerade so verlockende Strahlen durchs Fenster, aber sobald ich die Nase nach draußen strecke, bläst sie mir der Wind beinahe davon. Deswegen genieße ich die letzten freien Tage noch im warmen Zimmer. Ja, ihr habt richtig gelesen. Es gibt eine Fortsetzung von letzter Woche! Für heute habe ich mir überlegt, dass ich euch letzten Sonntag mit einem sehr vieldeutigen Satz alleine gelassen habe. Erinnert ihr euch? Es ging um Sklaverei und ich habe erwähnt, dass sich manche Menschen in der heutigen Zeit selbst versklaven. Dieses Thema ist definitiv zu groß, als dass ich es einfach so stehen lassen könnte. Deswegen wollte ich heute noch einiges dazu sagen.
Zuallererst einmal: Was meine ich damit? Zum einen gibt es eine ziemlich offensichtliche und praktische Perspektive, aus der man diesen Satz beleuchten kann. Ich gebe euch ein Stichwort: Sucht. Alkohol, zum Beispiel. Manche Substanzen ziehen uns dermaßen in ihren Bann, dass wir uns nicht mehr davon lösen können. Wir entwickeln Entzugserscheinungen und machen uns selbst zu Sklaven dieser Dinge. Das lässt sich auf jede Sucht übertragen, seien es Computerspiele, Shopping, Drogen oder die Sucht nach Aufmerksamkeit.
Ich weiß nicht ob letztere eine offizielle Krankheit ist, aber mein persönlicher Eindruck ist, dass jeder von uns bis zu einem gewissen Grad daran leidet. Einige mehr als andere. Doch ich kenne niemanden, der ganz ohne Aufmerksamkeit auskommt. Einigen kommt es darauf an, im Rampenlicht zu stehen und möglichst viele Blicke auf sich zu spüren. Andere wünschen sich einfach, von ihrem Partner oder ihrer Familie deutlicher gezeigt zu bekommen, was sie ihm oder ihr bedeuten. Soziale Interaktion und Einbindung ist nun einmal ein Grundbedürfnis des Menschen. Das ist ein zweischneidiges Schwert. Denn einerseits bedeutet es, dass wir alle gemeinsam voneinander abhängig sind und andererseits gleichzeitig, dass wir seit unserer Geburt an diese Grundbedürfnisse gebunden sind. Gewissermaßen sind wir also auch Sklaven von Essen und Schlaf. Ohne geht es nicht. Allerdings würde ich die Abhängigkeit von diesen Umständen nicht unbedingt als Sklaverei bezeichnen. Das sind lediglich die Spielregeln unseres Lebens.
Manchmal stelle ich mir das Leben vor wie ein Spiel. Zu deiner Geburt wirst du mit gewissen Fähigkeiten, Eigenschaften und Umständen ausgestattet. Du bekommst deinen Körper, deine Familie, deine Bedürfnisse und hast dann die Qual der Wahl, was du nun damit anstellen kannst. Solange du dich innerhalb der Spielregeln bewegst, also deinen Körper mit allem nötigen versorgst, kannst du nun tun und lassen, was du willst. So ähnlich wie SIMS.
Das Leben bietet also eine ungeheure Fülle an Möglichkeiten. Doch oft erdenken wir uns eigene Regeln, mit denen wir uns einschränken. Wir bilden uns ein, dass wir beispielsweise Geld brauchen, um erfolgreich im Leben sein zu können. Außerdem wollen wir einen Partner, ein Haus, eine Familie, ein Auto, einen gewissen Grad an Luxus, etc. Und wenn wir das nicht bekommen, denken wir, dass wir nicht glücklich sein können. Dabei stimmt das nicht. Alles, was wir zum Glücklichsein brauchen, sind die zugehörigen Dopamine, die in unserem Gehirn ausgeschüttet werden. Eine erfolgreiche Karriere oder eine perfekt romantische Beziehung zu führen, sind keine Voraussetzungen für die Ausschüttung von Glückshormonen. Es hängt also wieder einmal von der Sichtweise ab.
Zurück zum Sklaventhema: Sich selbst in seinem Leben derart einzuschränken, indem man sich unglaublich viele Regeln setzt, macht auf mich den Eindruck einer Versklavung. Wir verbieten uns selbst, gewisse Dinge zu tun oder zu denken, weil…ja, warum eigentlich? Weil wir der Auffassung sind, dass wir genau wissen, wie wir uns glücklich machen können?
In dieser Hinsicht muss ich euch gestehen, dass ich keine Ahnung habe, was mich glücklich macht. Manchmal passt es einfach, manchmal nicht. Beispiel: Ich kann mir tagelang wünschen, dass mich mein Freund überrascht. Wenn er es dann schließlich macht, bin ich vielleicht nicht zufrieden, weil es zu spät war, weil es wieder einmal das gleiche ist wie immer oder weil ich möglicherweise einfach Hunger habe (An alle Männer: Das ist immer ein heißer Tipp!). Kann mein armer Freund etwas dafür? Nein. Eigentlich macht er genau das, was ich wollte. Aber jetzt will ich es nicht mehr. Ich verstehe schon, warum ich für ihn ein riesiges Mysterium bin. Bin ich für mich ja auch.
Also habe ich mich entschlossen, die nächsten Wochen dieses Ich genauer zu erkunden, mit dem ich für dieses Leben ausgestattet wurde. Vielleicht finde ich bei dieser Gelegenheit ja mehr heraus, vielleicht auch nicht. Ich denke auf jeden Fall, dass es nicht schadet, mich mehr mit dem auseinanderzusetzen, was mich bis zu meinem letzten Atemzug begleiten wird: Ich. Und ich will nicht, dass mein Leben oder mein Körper ein Gefängnis für mich sind. Ich will keine Sklavin meiner an den Haaren herangezogenen Regeln zu sein, die sich mein Kopf ausgedacht hat. Wünscht mir Glück ;)
Mit diesen Worten entlasse ich euch in die neue Woche. Ich hoffe, ich konnte euch etwas genauer vorstellen, was ich letzten Sonntag gemeint habe. Unter anderem. Nun wünsche ich euch alles Gute und bis zum nächsten Mal!

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